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A. Kurzübersicht

Mit dem Digital Services Act (DSA – Gesetz über Digitale Dienste) hat die Europäische Union einheitliche Regeln für Online-Plattformen sowie -Suchmaschinen und den Umgang mit deren Inhalten festgelegt. Das Ziel ist, ein sicheres, berechenbares und vertrauenswürdiges Online-Umfeld für die Nutzenden der Plattformen und Suchmaschinen zu schaffen. Der DSA enthält eine neue gesetzliche Regelung für den Zugang von Forschenden zu den Daten sehr großer Online-Plattformen und -Suchmaschinen. Art.40 DSA verleiht Forschenden und europäischen Forschungseinrichtungen einen Anspruch auf Zugang zu Daten dieser Online-Plattformen zur Erforschung systemischer Risiken.

Zuvor gab es keine europäischen Regelungen über den Zugang zu Forschungsdaten gegenüber Online-Plattformen oder -Suchmaschinen. Die Daten von u.a. Instagram, TikTok, Google Search oder X (vormals Twitter) waren für Forschende nicht oder nur im Rahmen, in dem es die Unternehmen gestatteten, zugänglich. Trotz der enormen Bedeutung dieser Plattformen auf die öffentliche Kommunikation, die psychische Gesundheit oder politische Wahlen gibt es daher heute noch große Forschungslücken.

Der DSA verleiht den Wissenschaftler*innen nun verbindliche Ansprüche auf einen Zugang zu den Daten von Online-Plattformen und -Suchmaschinen. Dieser unterliegt bestimmten Voraussetzungen und Verfahren, welche im Artikel 40 des DSA beschrieben sind.

B. Einführung Digital Services Act

Der Digital Services Act gilt seit dem 17. Februar 2024 in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar, somit auch in Deutschland. Er ist nicht mit dem Digitalen Dienste Gesetz Deutschlands zu verwechseln. Dieses wird nur in Deutschland gelten, dient der Umsetzung einzelner Vorschriften des DSA und nimmt Anpassungen in anderen Gesetzen an die Regelungen des DSA vor.

Der DSA enthält besondere Regelungen für sogenannte Very Large Online Platforms (VLOPs, sehr große Online-Plattformen) und Very Large Online Searche Engines (VLOSEs, sehr große Online-Suchmaschinen). Als solche gelten Anbieter*innen, welche monatlich mehr als 45 Millionen Nutzer*innen in der Europäischen Union haben. Die Europäische Kommission hält eine Liste der Anbieter*innen bereit, die als VLOP und VLOSE (im Folgenden nur noch VLOP genannt) gelten.

Zur Um- und Durchsetzung des DSA benennt jeder Mitgliedsstaat der Europäischen Union einen sogenannten „Koordinator für digitale Dienste“ (Digital Services Coordinator – DSC). In Deutschland wird dies die Bundesnetzagentur sein. Auch beim Forschungsdatenzugang spielt dieser Koordinator für digitale Dienste eine wichtige Rolle (siehe unten).

C. Der Forschungsdatenzugang nach dem DSA

Zugelassene Forscher*innen

Damit Forschende Zugang zu Daten von VLOPs bekommen, müssen sie einen Antrag beim Koordinator für digitale Dienste stellen, um den Status als sogenannte „zugelassene Forscher*innen“ zu erhalten. Zuständig ist der Koordinator des EU-Mitgliedstaats, in dem die Plattform ihren Sitz hat. Der Antrag muss im Zusammenhang mit dem konkreten Forschungsvorhaben stehen und wird auch nur für dieses vom Koordinator beschieden.

Forschungsinteresse

Der Zweck der Forschung muss dabei zur Aufspürung, Ermittlung und zum Verständnis systemischer Risiken dienen. Systemische Risiken sind in Art. 35 DSA definiert. Dazu zählen beispielsweise die Verbreitung rechtswidriger Inhalte, nachteilige Auswirkungen auf Grundrechte wie die Menschenwürde, die Meinungs- und Informationsfreiheit oder den Verbraucherschutz sowie nachteilige Auswirkungen auf Wahlprozesse und die öffentliche Sicherheit.

Antrag einreichen

Der Antrag auf Forschungsdatenzugang kann beim Koordinator für digitale Dienste des EU-Mitgliedstaats in dem sich die Forschungseinrichtung befindet oder beim Koordinator des EU-Mitgliedstaats in dem die zu erforschende VLOP niedergelassen ist, eingereicht werden (Zuständige Koordinatoren für digitale Dienste der VLOPs). Der Koordinator für digitale Dienste des Niederlassungsortes der VLOPs trifft die abschließende Entscheidung über den Status als zugelassene Forschende.

Die Forschenden selbst müssen einer Forschungseinrichtung wie einer Hochschule, einem Forschungsinstitut oder ähnlichem angehören. Daneben können aber auch Forschende aus Organisationen der Zivilgesellschaft zugelassen werden, wenn die zivilgesellschaftliche Organisation Forschung im öffentlichen Interesse betreibt. Generell muss die Forschung unabhängig von kommerziellem Interesse sein.

Welche weiteren Voraussetzungen für den Zweck der Forschung, die Forschenden selbst und an den Antrag der DSA vorsieht, findet ihr hier (Link zum FAQ).

Ein Beispiel:

Die deutsche zivilgesellschaftliche Organisation X will einen Antrag auf Erforschung der Algorithmen der Plattform Y aus Irland stellen, um zu untersuchen, wie diese ihren Nutzer*innen zielgerichtet wahlbeeinflussende Inhalte von Influencer*innen präsentiert. Den Antrag auf Datenzugang stellt die Organisation beim Koordinator für digitale Dienste in Deutschland (Bundesnetzagentur). Die Bundesnetzagentur leitet den Antrag nach Prüfung auf Vollständigkeit an den irischen Koordinator für digitale Dienste weiter. Dieser entscheidet dann, ob die Organisation den Status als zugelassene Forschende für diesen Antrag erhält (Siehe auch unser Flussdiagramm ).