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Logos verschiedener Social Media Plattformen Foto von Alexander Shatov auf Unsplash
Art. 5

Online-Plattformen: Bei Problemen keine Antwort

Wenn Nutzer*innen im Netz Probleme haben – ihre Inhalte oder Accounts zum Beispiel gesperrt werden – können sie Organisationen wie die Gesellschaft für Freiheitsrechte beauftragen, ihre Grundrechte gegenüber Plattformen durchzusetzen. Das sieht Artikel 86 des Digital Services Acts vor. Plattformen kommen ihrer Pflicht jedoch nicht nach, die dafür notwendigen technischen Wege einzurichten. Deshalb haben wir Beschwerde eingereicht

Laut Artikel 86 des Digital Services Acts müssen Online-Plattformen zivilgesellschaftlichen Organisationen technische Wege bereitstellen, um sich im Namen von Nutzer*innen gegen Grundrechtseinschränkungen zu wehren. Die Beschwerden müssen zudem prioritär behandelt werden. Bis heute kommt ein Großteil der Plattformen dieser Pflicht nicht nach. Deshalb haben wir bei der Bundesnetzagentur und der Europäischen Kommission eine Sammel-Beschwerde gegen Google, X, TikTok, LinkedIn und Meta eingelegt.
Juergen Bering

Jürgen Bering

Jurist und Verfahrenskoordinator

Wenn X, Google und Co. Posts von Nutzer*innen löschen oder Accounts sperren, ist das ein gravierender Eingriff in die Grundrechte. Deshalb sind Plattformen dazu verpflichtet Beschwerdewege einzurichten, um solche Entscheidungen anzufechten – auch stellvertretend als zivilgesellschaftliche Organisation. Es kann nicht sein, dass Plattformen die Vorgaben des Digital Services Acts konsequent missachten und so die Grundrechte in Gefahr bringen.

Account gesperrt, Post gelöscht, von Trollen belagert: Wenn Nutzer*innen auf Online-Plattformen Probleme haben, ist es oftmals schwierig, direkten Kontakt mit Betreiber*innen aufzunehmen und damit schnelle Hilfe zu bekommen. Artikel 86 des Digital Services Act (DSA) soll diesen Prozess erleichtern. Damit soll es Nutzer*innen möglich sein, Organisationen wie die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) zu beauftragen um ihre Rechte gegenüber Unternehmen, Aufsichtsbehörden und vor Gericht durchzusetzen. Die eingereichten Beschwerden sollen zudem vorrangig bearbeitet und zeitnah entschieden werden.

Was in der Theorie gut klingt, ist in der Praxis kaum umgesetzt. Artikel 86 verpflichtet Online-Plattformen zwar dazu, "die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen” zu treffen, um zu gewährleisten, dass Nutzer*innen insbesondere beim internen Beschwerdemangement von Plattformen durch zivilgesellschaftliche Organisationen vertreten werden können. Eine Recherche der GFF zeigt jedoch, dass ein Großteil der Plattformen die nötigen technischen Wege nicht eingerichtet hat.

Immer mehr Grundrechtsverletzungen

Artikel 86 ist vor allem relevant bei Plattformen, auf denen Nutzer*innen eigene Inhalte wie Texte und Fotos teilen können und die dann wiederum von der Plattform bewertet und potentiell gelöscht werden können. Denn das könnte einen besonders sensiblen Eingriff in Grundrechte darstellen. Die wenigsten der relevanten Plattformen haben diese Vertretungsmöglichkeiten implementiert. Und wo die Vorkehrungen getroffen wurden, werden Beschwerden im Namen von Nutzer*innen nicht bearbeitet. Das bedeutet, dass aktuell kaum Möglichkeiten bestehen sich als vertretungsberechtigte Organisation nach Artikel 86 DSA zu registrieren und die Rechte von Nutzer*innen effektiv durchzusetzen.

Gleichzeitig ist es, gerade im Vorfeld von Wahlen, dass bei fälschlich gesperrten Inhalten oder Accounts schnell Abhilfe geleistete werden kann. Auch über die vom Center for User Rights eingerichtete Kontaktfunktion erreichen die GFF immer häufiger Fälle von offensichtlich unzulässigen Accountsperren und gelöschten Inhalten. Eine niedrigschwellige Unterstützung durch zivilgesellschaftliche Organisationen über das von Artikel 86 DSA etablierte Verfahren könnte hier schnell Unterstützung bieten.